Internationale Initiative
Freiheit für Ocalan – Frieden in Kurdistan
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14. Februar 2009

10‎ ‏Jahre Imrali,‭ ‬10‭ ‬Jahre Folter‭
‬Öcalan und das‭ „‬europäische Guantanámo‭“

Zum zehnten Male jährt sich am‭ ‬15.‭ ‬Februar die Verschleppung des Kurdenführers Abdullah Öcalan aus Kenia in die Türkei.‭ ‬Vorausgegangen war war eine wochenlange Odyssee zwischen zwischen Damaskus,‭ ‬Moskau,‭ ‬Athen,‭ ‬Rom und Amsterdam,‭ ‬die am‭ ‬15.‭ ‬Februar‭ ‬1999‭ ‬mit einem kriminellen Piratenakt ihr Ende fand‭ – ‬unter maßgeblicher Beteiligung von CIA,‭ ‬MIT und Mossad,‭ ‬mit der Unterstützung Russlands,‭ ‬Griechenlands und anderer europäischer Staaten.‭

Öcalan war nach Europa gekommen,‭ ‬um für eine friedliche Lösung des langjährigen blutigen türkisch-kurdischen Konflikts zu werben.‭ ‬Die ausgestreckte Hand zum Frieden wurde ausgeschlagen.‭ ‬Kein Land erklärte sich bereit,‭ ‬den Kurdenführer aufzunehmen oder gar die Initiative in einem Vermittlungsprozess zwischen den Konfliktparteien zu übernehmen.‭ ‬Die Würfel der Entscheidung waren bereits gefallen,‭ ‬die Kurden standen,‭ ‬wie so oft,‭ ‬den geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen der führenden Mächte im Mittleren Osten im Wege.‭ ‬Bewusst wurde eine weitere Eskalation des Krieges in der Türkei in Kauf genommen,‭ ‬um aus den Folgen politisches Kapital zu schlagen.‭ ‬Die Verschleppung Abdullah Öcalans sollte hierfür der Auftakt sein.‭

Doch immer noch beharren die Kurden auf ihre politischen und kulturellen Rechte,‭ ‬weiterhin ist Öcalan im Denken der Kurden omnipräsent.‭ ‬Immer noch versucht die Türkei,‭ ‬das Problem mit militärischen Mitteln in Griff zu bekommen,‭ ‬auch heute sterben türkische Soldaten und kurdische Guerilleros.‭ ‬Die Menschenrechtslage ist nach wie vor katastrophal.‭ ‬Die kurdische Frage harrt auch nach zehn Jahren der Verschleppung Öcalans ihrer Lösung.‭

Der‭ ‬15.‭ ‬Februar‭ ‬1999‭ ‬war auch ein Wendepunkt im türkisch-kurdischen Konflikt.‭ ‬Öcalan intensivierte seine Friedensbemühungen,‭ ‬statt auf Eskalation zu setzen.‭ ‬Er rief die kurdischen Rebellen zur einseitigen Beendigung des Krieges auf.‭ ‬Gleichzeitig verband er dies mit der Forderung nach Anerkennung kultureller und sprachlicher Rechte für die Kurden,‭ ‬wonach die Lösung der kurdischen Frage im Rahmen der Demokratisierung der Türkei erreichbar schien.‭ ‬Mit dem Rückzug der kurdischen Guerilleros auf Territorien außerhalb der Türkei entspannte sich die Situation.‭ ‬Regierung und Militärs ließen die Gelegenheit zum Frieden ungenutzt verstreichen.‭ ‬Das kurdische Friedensangebot wurde als Schwäche ausgelegt.‭

Die anfänglichen Reformbemühungen der Türkei im Rahmen des EU-Annäherungsprozess unter der Erdogan-Regierung,‭ ‬welche auch den Kurden auf dem Papier einige Rechte zugestanden haben,‭ ‬sind erlahmt.‭ ‬Nach den jüngsten Ausfällen Erdogans in Davos kommen selbst seinen hartnäckigsten Befürwortern Zweifel daran,‭ ‬ob der türkische Regierungschef nicht doch ein Wolf im Schafspelz sein könnte,‭ ‬der despotisch danach strebt,‭ ‬die Türkei nach seinem islamistischen Weltbild auszurichten.‭ ‬Dies aber wäre nicht mit den Wunschvorstellungen einiger westlicher Sicherheitsstrategen in Einklang zu bringen,‭ ‬die die These vom gemäßigten Islam als Brücke zur muslimischen Welt vehement verteidigen.‭ ‬Der Machtkampf zwischen dem säkularen und islamistischen Lager bestimmt die Innenpolitik,‭ ‬selbst die als unantastbar geltende Armee kann sich nicht mehr sicher sein.‭ ‬Menschenrechte,‭ ‬demokratische Reformbemühungen oder eine Lösung der kurdischen Frage bleiben auf der Strecke.‭ ‬Immer noch halten die systematischen Menschenrechtsverletzungen an der kurdischen Zivilbevölkerung an.‭ ‬Weiterhin werden Oppositionelle repressiv verfolgt.‭ ‬Extralegale Hinrichtungen nehmen wieder zu.‭ ‬Friedlichen Protesten der Zivilbevölkerung wird wieder mit Waffengewalt begegnet.‭ ‬Die alarmierenden Berichte von Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch,‭ ‬Amnesty International und dem Menschenrechtsverein IHD über fortgesetzte Folter oder Tötungen in türkischen Polizeiwachen und Gefängnissen sprechen eine klare Sprache.

So spiegeln die Haftbedingungen in den türkischen Gefängnissen,‭ ‬insbesondere aber auf Imrali,‭ ‬exemplarisch die Gesamtsituation des Landes wieder.‭ ‬Sie zeigen,‭ ‬wie weit die Türkei noch von wirklicher Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa entfernt ist.‭ ‬Seit zehn Jahren wird Abdullah Öcalan auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali unter menschenunwürdigen Isolationshaftbedingungen gefangen gehalten.‭ ‬Sein Gesundheitszustand ist stark angegriffen,‭ ‬Besuche seiner Rechtsanwälte und Angehörigen werden immer wieder willkürlich verweigert.‭ ‬Seine Informations-‭ ‬und Kommunikationsmöglichkeiten sind äußerst beschränkt.‭ ‬Viele seiner Rechtsanwälte werden kriminalisiert oder sind mit Berufsverbot belegt worden.‭ ‬Die Haftbedingungen entziehen sich jeglicher demokratischen Kontrolle.‭ ‬Imrali ist ein rechtsfreier Raum.

Das Antifolterkomitee des Europarates‭ (‬CPT‭) ‬fordert die Aufhebung der Isolationshaft von Abdullah Öcalan,‭ ‬doch der der Europarat unternimmt keine wirklichen Schritte,‭ ‬um die Forderung einer seiner Institutionen Nachdruck zu verleihen.‭ ‬Schweigend werden die offensichtlichen Rechtsbrüche eines Mitgliedslandes hingenommen oder gar als marginal erachtet.‭ ‬Imrali ist aber auch ein Symbol für die Janusköpfigkeit europäischer Menschrechtspolitik.‭ ‬Während die unerträglichen Verhältnisse auf Guantanámo kritisiert wurden,‭ ‬schweigen die Kritiker zu den unhaltbaren Zuständen auf Imrali,‭ ‬wo ein ähnlich rechtsfreier Raum herrscht wie in dem amerikanischen Gefangenenlager.‭ ‬Unter dem neuen amerikanischen Präsidenten Barack Obama ist die Schließung von Guantanámo nur eine Frage der Zeit.‭ ‬Das‭ „‬europäische Guantanámo‭“ ‬besteht weiter.‭ ‬Die Forderung nach der Schließung von Imrali ist jedoch nötig,‭ ‬wenn europäische Menschenrechtspolitik hinsichtlich der Türkei glaubwürdig sein will.‭

So sehr auch kurdische Emanzipationsbestrebungen als‭ „‬terroristisch‭“ ‬diffamiert werden,‭ ‬lassen sie sich dennoch nicht unterdrücken.‭ ‬Die einseitige Parteinahme europäischer und amerikanischer Politik im türkisch-kurdischen Konflikt hat alles andere als zu einer friedlichen Lösung beigetragen.‭ ‬Der Konflikt kann jedoch nur im Dialog gelöst werden.‭ ‬Die kurdische Seite hat mehrfach eindrucksvoll deutlich gemacht,‭ ‬dass sie für solch einen Prozess bereit ist.‭ ‬Es ist an der Türkei,‭ ‬konstruktive Schritte zur Aussöhnung mit der eigenen kurdischen Bevölkerung zu unternehmen.‭ ‬Die Einstellung der militärischen Repression wäre der entscheidende Schritt,‭ ‬aus dem eine dauerhafte Lösung erwachsen kann.‭ ‬Die Aufhebung der Isolationshaftbedingungen des Kurdenführers Öcalan,‭ ‬wie dies auch das Antifolterkomitee des Europarates‭ (‬CPT‭) ‬fordert,‭ ‬wäre ein erster Schritt.