Ein Akt der Unvernunft - Europäische Außenpolitik auf Abwegen

Internationale Initiative
Freiheit für Abdullah Öcalan - Frieden in Kurdistan
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Köln, 13. Mai 2002

An die Redaktionen In- und Ausland / Türkei / Kurdistan / Mittlerer Osten

Presseerklärung:
Ein Akt der Unvernunft

Seit Dezember 2001, als Konsequenz der Anschläge in den USA vom 11. September, führt die EU eine Liste terroristischer Organisationen, die halbjährlich aktualisiert wird.
Am 3. Mai hat die EU nun auch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) auf diese Liste gesetzt, nachdem dies vorher nicht der Fall gewesen war.
Was waren die Gründe? Was hat sich seit Dezember 2001 geändert?

Seit mehr als zwei Jahren hielt sich die PKK strikt an einen einseitigen Waffenstillstand.
Sie hat ihre Kämpfer aus der Türkei abgezogen. Sie lässt sich nicht provozieren. Sie bleibt auf Friedenskurs.

Vor wenigen Wochen hat sie sich offiziell als Organisation aufgelöst. An ihrer Stelle wurde der Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans (KADEK) ins Leben gerufen, als eine Plattform, die es allen Organisationen und auch Personen ermöglicht, an einem demokratischen Kampf für die Rechte der Kurden als Volk teilzunehmen. Die Gründe für die Entscheidung der EU liegen offensichtlich nicht im Verhalten der PKK. Sie sind politisch. Die internationale Koalition gegen den Terror unter Federführung der USA braucht die Türkei als islamischen Bündnispartner und die Türkei will die Unterstützung der EU und der NATO-Partner im Kampf gegen die Emanzipationsbestrebungen der Kurden, den sie seit dem 11. September in den internationalen Antiterrorkampf einbezogen wissen will. Die Türkei führt nun die internationale Friedenstruppe in Afghanistan und könnte auch noch wichtig werden, wenn es in einigen Monaten gegen den Irak gehen sollte. Die EU hat diesen Überlegungen Tribut gezollt und sich erneut amerikanischem Druck gebeugt. Damit hat sie gleichzeitig einer seit vielen Jahren lautstark wiederholten Forderung der Türkei nachgegeben.
Der EU-Kandidat Türkei andererseits ist dabei, sich durch sein Verhalten endgültig als solcher zu disqualifizieren. Wer nicht zum Dialog bereit ist, wer Forderungen nach kulturellen Rechten, nach dem Gebrauch und Unterricht in der Muttersprache auf die Agenda der internationalen Koalition gegen den Terror setzen will, der hat in der EU, hat in keiner Gemeinschaft etwas zu suchen. Er ist zur Gemeinschaft mit Anderen und Andersdenkenden gar nicht fähig.
Die Entscheidung der EU ist somit ein Akt politischer Unvernunft, mehr noch: Wer ständig in aller Welt im Namen von Demokratie und Menschenrechten verbal, politisch und zunehmend auch militärisch interveniert, macht sich unglaubwürdig, wenn er auf diese Weise ignorant die Bemühungen einer Bewegung beiseite wischt, die sich seit mehr als zwei Jahren für eine friedliche Beilegung der kurdischen Frage einsetzt und die seitdem auch auf dem Wege der inneren Demokratisierung unverkennbare Fortschritte gemacht hat.
Gleichzeitig bestätigt der EU-Beschluss 15 Jahre Unterdrückung der kurdischen Bewegung durch das türkische Regime. Er rechtfertigt rückwirkend 15 Jahre Dorfzerstörung, 15 Jahre Vertreibung, 15 Jahre Rechtlosigkeit. Er rechtfertigt 15 Jahre Terror des Staates gegen eine kurdische nationale Identität.
Auch die HADEP, der ohnehin seit langem die Schließung droht wegen angeblicher Unterstützung der PKK, gerät damit in Reichweite der "Antiterrorkämpfer".
In diesem Sinne ist die Entscheidung der EU beunruhigend, werden ihre Aufrufe zur friedlichen Austragung von Konflikten, ihre Forderungen nach der Beachtung der Menschenrechte und Einhaltung demokratischer Regeln zu bloßen Lippenbekenntnissen.
Die PKK gehört nicht auf diese Liste. Die EU hat wieder einmal die Kurden instrumentalisiert. Diese Entscheidung ist falsch und dient nicht dem Frieden in der Region.
Sie muss rückgängig gemacht werden!