Internationale Initiative
Freiheit für Abdullah Öcalan - Frieden in Kurdistan
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Köln, 14. Februar 2006
INTERNATIONAL INITIATIVE BRIEFINGS:
Der "europäische" Gefangene
Öcalan - 7 Jahre Imrali, 7 Jahre staatliche Willkür
Um den Zustand einer Gesellschaft zu beurteilen, so sagt man,
reiche es, hinter die Gefängnismauern zu blicken. Die Türkei
scheint hierfür ein Paradebeispiel zu sein.
Insbesondere am Fall Öcalan wird ersichtlich, wie schlecht
es in der Türkei um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bestellt
ist. Ähnlich dem amerikanischen Gefangenlager Guantanamo auf
Kuba ist die türkische Gefängnisinsel Imrali ein rechtsfreier
Raum. Dort wird der Kurdenführer seit seiner völkerrechtswidrigen
Verschleppung in die Türkei am 15. Februar 1999 unter menschenunwürdigen
Isolationshaftbedingungen gefangen gehalten.
Diese werden seit geraumer Zeit sogar verschärft. Aufgrund
missliebiger Äußerungen im Gespräch mit seinen Rechtsanwälten
werden neuerdings dem Kurdenführer sämtliche Informations-
und Kommunikationsmöglichkeiten vorenthalten. Ohnehin waren
diese bisher äußerst beschränkt. Mandantengespräche
werden meist willkürlich verhindert. Die Rechtsanwälte
von Abdullah Öcalan haben kaum Möglichkeiten, dagegen
rechtlich vorzugehen oder zu intervenieren, wie kürzlich im
Fall eines aufkommenden Gerüchts über einen angeblichen
Herzinfarkt des Kurdenführers, da sich keine staatliche Behörde
für zuständig erklärt. Schlimmer noch, sie werden
sogar kriminalisiert. Viele von ihnen müssen mit hohen Haftstrafen
rechnen. Weiterhin wird Abdullah Öcalan eine adäquate
ärztliche Versorgung verweigert. Aufgrund der schweren Haftbedingungen
hat sich indessen sein Gesundheitszustand weiter verschlechtert.
Die auf Imrali herrschenden Haftbedingungen werden von Menschenrechtlern
auch als Folter bezeichnet.
Imrali ist jedoch nicht nur ein rechtsfreier Raum, sondern gleichzeitig
ein Synonym für den Umgang der Türkei mit der kurdischen
Frage oder mit anderen gesellschaftlichen Konflikten. Weiterhin
gilt Ankara staatliche Repression als geeignetes Mittel, um oppositionellen
Bewegungen Herr zu werden. Dies wird durch die immer noch katastrophale
Menschenrechtslage bestätigt. Mit dem EU-Beitrittsprozess der
Türkei ist jedoch die kurdische Frage im gewissen Sinne zu
einer europäischen Frage geworden. Das "türkische
Guantanamo" wird so zu einem "europäischen Guantanamo".
Doch Europa schaut weg.
Gesellschaftliche Konflikte lassen sich hingegen nur politisch lösen,
wobei Politik nur auf der Basis von Realitäten gestaltet werden
kann. Dies gilt für alle Konfliktfelder, so auch für den
türkisch-kurdischen Konflikt. Voraussetzung hierfür ist
jedoch der gemeinsame Wille zur Lösung. Dieser scheint zurzeit
in der Türkei und der europäischen Staatengemeinschaft
nur begrenzt vorhanden zu sein.
Für viele europäische Politiker steht es außer Frage,
dass den Kurden in der Türkei ihre sprachlichen, kulturellen
und politische Rechte zugestanden werden müssen. Demnach soll
dies im Rahmen des türkischen Angleichungsprozesses an die
EU erfolgen. Schritt für Schritt, so meint man, würden
so die Grundlagen des Konfliktes aufgehoben, auch ohne das Zutun
der Kurden. Die Kurden müssten also nur etwas mehr Geduld haben.
Dabei wird jedoch die Komplexität des Konfliktes verkannt,
der sich mittlerweile wieder verschärft und bewaffnet ausgetragen
wird. Erst Recht ist es ein Irrglauben, einen Konflikt ohne die
Beteiligung einer maßgeblichen Konfliktpartei lösen zu
können, wie dies mit der Isolationspolitik gegenüber der
PKK und dem KONGRA-GEL beabsichtigt scheint.
Die PKK, der KONGRA-GEL und der Kurdenführer Öcalan sind
jedoch eine Realität. Eine Politik der Lösung wird um
die Anerkennung dieser Realität nicht umhinkommen. Das Angebot
von Öcalan, die kurdische Frage im Rahmen einer allgemeinen
Demokratisierung der Staaten zu lösen, auf dessen Territorien
sich traditionelles kurdisches Siedlungsgebiet befindet, erscheint
ebenso viel versprechend wie realistisch. Dies lässt sich jedoch
nur durch eine Beteiligung der Kurden verwirklichen. Die fieberhafte
Suche der europäischen Politik nach genehmen alternativen kurdischen
Führern, was einer der Gründe für die Isolationspolitik
gegenüber Öcalan und der PKK ist, endete bisher in einer
Sackgasse. Daran scheint sich auch weiter nichts zu ändern.
Ausschlaggebend hierfür ist, dass die Kurden nicht daran denken,
von ihren politischen Führern Abstand zu nehmen. Abgesehen
von der Vermessenheit eines solchen Anliegens entspricht es nicht
gerade einem gesunden Realitätssinn.
Nicht erst seit den schrecklichen Ereignissen des 11. September
2001 ist es eine Binsenweisheit, dass eine Vernachlässigung
der vielfältigen Konfliktfelder dieser Erde schmerzhafte Folgen
haben kann. Armut, gesellschaftliche Missstände und soziale
Benachteiligung waren schon immer Nährboden zahlreicher Konflikte.
Ein frühzeitiges Handeln der internationalen politischen Mechanismen,
das Streben nach Ausgleich und präventiver Dialog sind unabdingbar,
wenn dauerhaft die Perspektive von Stabilität und Sicherheit
gewährleistet werden soll.
Die Kurden haben deutlich gemacht, dass sie zu einem solchen Dialog
bereit sind. Abdullah Öcalan als ihr herausragender Repräsentant
hat in den letzten Jahren gezeigt, dass er eine wichtige Initialfunktion
bei der Suche nach einer friedlichen Lösung des türkisch-kurdischen
Konfliktes innehat. Mehrere Waffenstillstände seitens der Kurden
sprechen für sich. So verstand es Öcalan, einen tief greifenden
ideologischen und politischen Wandel in der kurdischen Nationalbewegung
herbeizuführen. Damit kam er auch ihrer Radikalisierung zuvor,
die sich nach seiner völkerrechtswidrigen Verschleppung am
15. Februar 1999 in die Türkei abgezeichnete. Eine Ethnisierung
des Konfliktes konnte so abgewendet werden. Die heute breite Unterstützung
seines Friedenskurses durch die Kurden scheint ihm Recht zu geben.
Seine Vorschläge zu einer friedlichen Lösung im Rahmen
einer demokratischen Transformation der Türkei werden derweil,
wenn auch nur indirekt, selbst in türkischen Kreisen diskutiert.
Somit ist es nicht abwegig, von einem ausgleichenden Moment seines
Wirkens zu sprechen. Genau diese ausgleichende Rolle für den
gesellschaftlichen Frieden muss unterstützt werden, anstatt
weiterhin auf die Marginalisierung des Kurdenführers zu beharren.
So glauben wir, dass die Türkei letztendlich Öcalan braucht.
Zu wertvoll ist sein Beitrag zu einer friedlichen Konfliktlösung.
Hierfür setzen wir uns ein, hierfür erheben wir unsere
Stimme.
Ob in der Türkei oder in Europa: Wandel im Denken tut Not,
wenn eine wirkliche Lösung angestrebt werden soll. Der türkisch-kurdische
Konflikt kann nur im Dialog gelöst werden. Internationaler
Druck auf die Türkei ist notwendig, um ihre starre Haltung
in der kurdischen Frage aufzulösen. Die Türkei muss mit
den Kurden den Dialog suchen.
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